Interview mit Andreas Herzog

"Man trifft sich immer zweimal!“
Andreas Herzog ist einer der außergewöhnlichsten Fußballer, die Österreich je hervorgebracht hat. Er ist Rekord-Nationalspieler (103 Spiele, 27 Tore) und hat an zwei WM-Endrunden (1990, 1998) teilgenommen. Herzog wurde ins "Rapid-Team des Jahrhunderts" gewählt und sorgte vor allem bei Werder Bremen für Furore. Begonnen hat alles am 10.09.1968 in Wien. Andi Herzog kam auf die Welt. Und das nicht unbelastet. Vater Anton "Burli“ Herzog war Admira-Spielgestalter und vererbte sein Talent hoch drei an den Sohn. Mit 14 Jahren landete Andreas per Zufall in Hütteldorf. Nach 174 Spielen und 37 Toren für den Rekordmeister entführte ihn Otto Rehagel 1992 an die Weser. Dort wurde er als Österreichs aktueller „Fußballer des Jahres“ auf Anhieb Deutscher Meister. Von einem einjährigen Intermezzo bei den Bayern unterbrochen, spielte Herzog 236 Mal für die Bremer und schoss 58 Tore. 2002 kehrte er für eineinhalb Saisonen als Kapitän zu seinen grünweißen Wurzeln zurück, bevor er seine Karriere in den USA bei L. A. Galaxy (27 Spiele, 4 Tore) beendete.
Ich treffe mich mit dem aktuellen U 21-Teamchef beim K.u.K.-Hofzuckerbäcker L. Heiner in Perchtoldsdorf. Andreas Herzog ist freundlich und zuvorkommend. Und das, obwohl sein Vater gerade mit unklarer Diagnose im Spital liegt. Andreas ist beunruhigt wegen des Gesundheitszustandes seines Erzeugers. Während des Gesprächs scheint er seine Sorgen aber kurz zu vergessen. Das spitzbübische Lächeln kehrt zurück in das Gesicht des 40jährigen Ausnahme-Talents, als er bei einem frisch gepressten Orangensaft ein Anekdoten-Feuerwerk zündet. Der ehemalige Premiere-Fußball-Experte lebt den Sport, der ihn groß gemacht hat. Er atmet und lacht ihn. Ich fühle mich von seinen Erzählungen wie benebelt, so schön ist es, den alten, mir noch unbekannten Geschichten zu lauschen. Andreas Herzog erinnert sich an die Jahre, bevor er 1987/88 in der Kronen Zeitung zur "Entdeckung der Saison" gewählt wurde und spricht über die Zeit nach seinem Engagement als Teamchef-Assistent von Josef Hickersberger und Karel Brückner. Nach Beendigung des Interviews plaudern wir kurz privat weiter. Ich merke jetzt noch mehr, dass Andreas Herzog nicht nur ein sympathischer Star und Person des öffentlichen Interesses ist. Nein, er ist vor allem Mensch! Wenn auch ein außergewöhnlicher...
Andreas, wie sehr war Ihr Vater daran beteiligt, dass Sie zum Fußball
gekommen sind?
Er war früher auch Profi-Fußballer und auch ein sehr
guter. Ich war von klein auf immer schon mit im Stadion, beim Training, als mein
Vater am Ende seiner Karriere noch bei der Admira gespielt hat. Die Südstadt ist
ja ein wunderschönes Trainings-Zentrum. Und ich bin auf allen Plätzen und in der
ganzen Umgebung herumgelaufen. So bin ich schon als kleiner Bub mit Fußball
infiziert worden.
Haben Sie von Ihrem Vater das Talent geerbt?
Ich bin mir
nicht sicher, ob man sagen kann, dass sich die Gene übertragen. Aber ich merke
es jetzt bei meinem eigenen Sohn – der Kleine ist jetzt 19 Monate alt, spielt
den ganzen Tag mit dem Ball und haut auch die ganze Zeit mit dem linken Fuß
drauf! Meine Frau hat das mit den Genen nie geglaubt, aber jetzt hat sie
gemerkt, dass es anscheinend wirklich stimmt. Und für mich war es sicher ein
Vorteil, dass mir mein Vater schon früh gewisse Sachen beigebracht hat.
1966 schlug die Admira Rapid im Cup-Finale mit 1:0. Der
Goldtor-Schütze war Ihr Vater, ausgerechnet zu Beginn der Rapid-Viertelstunde.
Wurden Sie in Ihrer Zeit bei Rapid jemals mit diesem Umstand
konfrontiert?
Eigentlich nicht. Ich glaube nur, dass der „Vickerl"
Huyer damals im Rapid-Tor gestanden ist (Ludwig Huyer war zwar auch Tormann
bei Rapid, im Cup-Finale hütete aber Roman Pichler den Kasten des SCR,
Anm.). Der war dann bei der Rapid unser Nachwuchs-Zeugwart und mit ihm
hatte ich ein Super-Verhältnis. Er war auch maßgeblich daran beteiligt, dass ich
damals 1983 von der Admira zu Rapid gewechselt bin.
Die Admira war ja der Stamm-Verein ihres Vaters. Als er sich mit der
Vereins-Führung zerstritt, standen Rapid und die Austria zur Wahl. Wie ging
diese Geschichte weiter?
Ja, stimmt. Der Admira-Nachwuchs ist zurück
nach Niederösterreich übersiedelt, und mein Vater hat gemeint, dass es für meine
Entwicklung nicht gut wäre, wenn ich jedes Spiel mit 8:0 oder 9:0 gewinne. Da
ist einfach der Widerstand der Gegner zu schwach. Ich wollte also zu einem
starken Verein. Die großen Talente der damaligen Zeit, der Ernst Ogris, Gerald
Glatzmayer und der Ernst Mader haben damals Jungprofi-Verträge bekommen, und ich
hätte damals bei einem Wechsel zur Austria auch – für mein Alter – sehr viel
Geld bekommen. In Jesolo hat mich dann aber ein Freund, der Oliver Scheriau,
dessen Vater mit meinem bei Wacker Wien zusammen gespielt hat, darauf
angesprochen, dass ich mir einmal die Rapid anschauen sollte. Das habe ich dann
getan und dort den Ludwig Huyer getroffen. Der hat mich genommen, mich in die
Kabine gestoßen und gesagt: „So, Andi, ab jetzt bist a Rapidla!" Ich war damals
noch ein Jahr jünger als meine Kollegen in der U 16. Die ersten beiden, die ich
kennengelernt habe, waren schon voll austrainiert, während ich noch nicht einmal
gescheit in der Pubertät war. Ich bin dann sofort hinausgegangen und habe dem
Herrn Huyer gesagt, dass ich in der Jugend und nicht bei den Junioren spiele. Er
hat aber gemeint, dass das schon die richtige Kabine ist. (lacht) Da
wollte ich den Verein eigentlich schon wieder verlassen, weil ich mich zu klein
und jung dafür gefühlt habe. Letztlich sind dann die beiden Super-Kollegen von
mir geworden.
Der „Vickerl" Huyer war für Sie aber auch noch nach dem Wechsel zu
Bremen eine wichtige Person, stimmts?
Sein Sohn, der Andreas Huyer,
hat auch bei mir in der Mannschaft gespielt, was die Verbindung zu ihm noch
verstärkt hat. Als ich nach Bremen gegangen bin, hatte ich bei der Rapid zuvor
Super-Schuhe und einen guten Lauf. Als es mir in Bremen zu Beginn nicht so gut
ging, hat er mir meine alten Schuhe nachgeschickt und ich habe sofort den
Tor-Bann gebrochen. Dafür bin ich ihm noch bis heute sehr dankbar!
Mit 16 Jahren wurden Sie zu Ihrem ersten Trainings-Lager mit der
Kampf-Mannschaft mitgenommen. Wer war Ihr Förderer? Gab es besondere Momente an
diesen Tagen?
Vlatko Markovic, der jetzige kroatische
Vereins-Präsident, hat mich gesehen, wie ich mit den Rapid-Junioren beim
österreichischen Meisterschafts-Finale Innsbruck – ich glaube – mit 6:0
geschlagen habe. Er hat sich das Spiel angeschaut und die vier größten Talente
mit ins Trainings-Lager genommen. Das waren Andi Heraf, Peter Schöttel, Bernhard
Brunner und ich. Ich war damals 16, und für mich war das ein Riesen-Traum! Ich
war gerade in Jesolo am Strand, als ein Bekannter vorbeigekommen ist und gefragt
hat, ob ich schon die Krone gelesen habe. Ich habe verneint und bin
dann aufgeklärt worden, dass ich laut Zeitungs-Bericht mit auf's Trainings-Lager
soll. Im ersten Augenblick war ich natürlich extrem happy, ehkloa. Aber nach ein
paar Tagen ist das Gefühl in Angst, oder besser gesagt Muffensausen
umgeschlagen. Mein Vater hat mich dann von Jesolo nach Klagenfurt gebracht und
von dort bin ich mit einer kleinen Maschine nach Wien geflogen und mit Funki
Feurer, Heri Weber, Hans Krankl, Reinhard Kienast – den Superstars halt – mit
auf's Trainings-Lager gefahren. Und der Markovic hatte eine so tiefe Stimme, vor
der ich richtig Angst gehabt habe. Ich hatte immer ein bisserl
Anpassungs-Schwierigkeiten und konnte aufgrund meiner Nervosität nicht meine
richtige Klasse zeigen. Vlatko Markovic hat aber trotzdem gewusst, was ich kann
und hat mich ein wenig geschont. Wir haben nämlich sehr hart trainiert. Bei
einem Training hatten wir zum Beispiel 50 100-Meter-Läufe und ich musste nur
jeden zweiten machen. Das war damals genau die richtige Dosierung. Von meinen
Vorbildern bin ich eigentlich auch gut aufgenommen worden. Aber dann bin ich
ohnehin zur U-21 und den Junioren zurück gegangen.
In dieser Zeit spielten Sie mit Schöttel, Heraf und Pecl in der U-21.
Welche Erinnerungen haben Sie in sportlicher Hinsicht?
Ich konnte so
oft spielen wie ich wollte. Außerdem sind wir Meister geworden und haben die
Austria besiegen können. So bin ich dann in den Profi-Kader aufgestiegen.
Trainer war damals Otto Baric. Ich hatte große Schwierigkeiten, in die
Mannschaft hineinzukommen.
Ihr Trainer in der U-21 war Peter Persidis, der leider kürzlich
verstorben ist. Wie war er als Trainer und Mensch?
Ja, leider
verstorben. Es gibt sicher keine drei Leute in Österreich, die Peter Persidis
nicht leiden haben können. Das sage ich nicht aus Pietät, sondern weil er
einfach ein Super-Mensch war! Egal ob bei der U-21, in der Kampfmannschaft oder
im Betreuerstab von Josef Hickersberger – es war immer ein wunderschönes
Zusammenarbeiten mit ihm.
Ihr Debüt in der Kampf-Mannschaft Rapids feierten Sie beim Spiel
gegen den LASK (in Linz 1:1, Anm.), drei Tage nach Ihrem 18.
Geburtstag. Wie war das Gefühl für Sie?
Für mich war es eine
Riesen-Freude! Ich war damals aber zu ruhig und zu brav und habe meine Technik
noch nicht richtig einsetzen können. Ich bin dann auch ausgewechselt worden. Für
mich ist der Andy Heraf hinein gekommen und hat gleich den Ausgleich geschossen.
Das war für uns Junge schon ein tolles Erlebnis!
In Ihrer Debüt-Saison kamen Sie auf vier Einsätze, in der nächsten
Spielzeit nur auf fünf. Warum gab Ihnen Otto Baric so wenige
Chancen?
Wir haben einfach eine Super-Mannschaft gehabt, das war der
Hauptgrund. Damals war Rapid noch mit einer Riesen-Mannschaft gesegnet! Auch
einer sehr teuren Mannschaft. Und dadurch ist dann ja zwei, drei Jahre später
der Schnitt gekommen, als wir unter dem Trainer Hans Krankl eine ganz junge
Mannschaft aufgebaut haben. Aber damals hatten wir eine Bomben-Mannschaft, die
halt den finanziellen Rahmen gesprengt hat.
Im Jänner 1988 wurden Sie dann an die Vienna verliehen und schafften
nach nur drei Spielen den Sprung ins Nationalteam. Wieviel Anteil hatte Ihr
Trainer Ernst Dokupil an dieser katapultartigen Entwicklung?
In der
Stadthalle hat Ernst Dokupil, der mich schon vom Admira-Nachwuchs her kannte,
mit mir gesprochen und mich nach meinem Interesse gefragt. Bei der Besprechung
zum ersten Match für die Vienna hat er dann gesagt, dass er von mir nur
erwartet, dass ich spiele wie ich es kann, weil es für ihn einfach eine
Riesenfreude wäre, mir dabei zuzuschauen. Ich war positiv niedergeschnmettert –
ohne Zwänge vollkommen frei in einer jungen Mannschaft mit Kurt Russ, Peter
Stöger, Glatzmayer! Wir hatten eine sehr spielstarke Mannschat, was mir
natürlich auch extrem entgegengekommen ist.
Wenige Tage nach der Einberufung hatten Sie einen Bänderriss und
mussten operiert werden. Wie hart war das für einen jungen Spieler, der kurz
davor steht, sich zu etablieren?
Das war sozusagen der erste große
Kratzer. Ich bin vorher nie operiert worden, und dann war um Mitternacht im
Evangelischen Krankenhaus die OP! Ich habe mir schon meine Gedanken gemacht.
Heute muss sich ein Spieler bei einem Bänderriss ja kaum mehr operieren lassen.
Als ich mit ziemlich starken Schmerzen im Gang gelegen bin, war das schon hart.
Aber da muss man als Profi durch – und das sollte auch jeder Junge wissen, dass
es neben den schönen Zeiten auch sehr harte gibt. Und aus diesen harten Zeiten
muss man noch stärker zurückkommen!
Am Ende der Saison konnten Sie die letzte Partie für die Vienna
wieder spielen und qualifizierten sich für den UEFA Cup. Danach wollte Sie Rapid
wieder zurück, aber Sie wollten nicht. Wie war das?
Bei der Vienna
ist für mich alles optimal gelaufen, Super-Mannschaft, Super-Trainer. Vorher
hatte ich knapp zwei Jahre, in denen ich wusste, dass ich nur eine Ergänzung zur
tollen Rapid-Mannschaft bin, vielleicht die Nummer 19 oder 25 im Kader. Außerdem
hatte ich Angst, dass mein Lauf wieder reißt, wenn ich zurück muss. Während der
Verhandlungen habe ich gesagt, dass ich bei der Vienna bleiben will, weil ich
mich dort so wohl gefühlt habe. Schlussendlich hat im Hintergrund mein Vater die
Fäden so gezogen, dass er mich beruhigt hat und hinter meinem Rücken an meiner
Rückkehr gebastelt hat. Als Nationalspieler – das wusste mein Vater im Gegensatz
zu mir – hatte ich einen anderen Stellenwert bei Rapid als vorher. Er hat
gewusst, dass ich als Team-Spieler und "die junge Hoffnung" meine Chancen
bekommen werde. Und im Nachhinein betrachtet, war es natürlich die komplett
richtige Entscheidung, die er zu meinem Wohl getroffen hat! Nix gegen die
Vienna, aber Rapid ist nun einmal DER Verein in Österreich.
In dieser Situation kam es angeblich auch zu einem Treffen zwischen
Vienna-Präsident Walter Nettig und Rapid-Präsident Heinz Holzbach, in dem ein
Koffer mit fünf Millionen Schilling in bar eine Hauptrolle spielte. Wie hat es
sich angefühlt zum Spielball, zum Objekt zu werden?
Ich wäre an der
Ablöse-Summe ein wenig beteiligt gewesen. Als 19-Jähriger waren ein paar Prozent
von fünf Millionen Schilling ein Super-Geld für mich und ein Reiz mehr neben der
tollen Athmosphäre bei der Vienna. Das hat mich dann aber mein Vater gelehrt,
dass das Geld in solch einer Situation nicht das Entscheidende ist, sondern die
Jahre danach viel wichtiger sind. Die Vienna war für mich wichtig, um in den
österreichischen Profi-Fußball hinein zu finden. Rapid war wichtig, um mich für
Werder Bremen weiterzuentwickeln.
Wie konnten Sie sich mit "Otto Maximale", der dann nur noch ca. drei
Monate Ihr Trainer war, arrangieren?
Problemlos. Jahre später war
er dann ja National-Trainer. (beginnt zu schmunzeln) Und über ein
Jahrzehnt, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen haben, kommt er zu mir – ich
war damals ja Kapitän – und sagt: "Andreas, ich bin nicht mehr böse auf Sie!"
Sage ich (lacht): "Trainer, sie haben nie böse auf mich sein müssen!
Ich war richtig heiß auf sie! Aber das ist vergessen, weil wir gemeinsam so
erfolgreich wie möglich sein wollen." Es ist einfach wichtig, vernünftig
miteinander umzugehen, weil – man sieht sich immer zweimal im Leben!
Bei ihrer Comeback-Partie im Rapid-Dress (2. Runde, 1987/88) schossen
Sie ein legendäres Solo-Tor über das halbe Spielfeld gegen Innsbruck. Waren Sie
zu diesem Zeitpunkt einfach nicht mehr zu halten?
Nach diesem Tor
habe ich gewusst, dass es bei Rapid genau so rennt wie bei der Vienna. Das war
ein wunderschönes Goal von mir. Vorher hätte ich mich das nicht getraut, hätte
eine andere Entscheidung getroffen. Da hat mir die Zeit bei der Vienna schon
viel Selbstvertrauen gegeben.
Wer war Ihr bester Freund bei Rapid?
Franz Weber!
Eindeutig! Er war von der Jugend weg immer da.
Unter Trainer Krankl verloren Sie zwei Cup-Finali, wurden einmal
Dritter in der Meisterschaft. Vielerorts wird davon gesprochen, dass Sie mit
Rapid keinen Titel geholt hätten, dabei waren Sie doch 1986/87 und 1987/88 Teil
der Mannschaft. Wie sehen Sie das?
Ich war dabei, aber nicht
mittendrin. Angelehnt an den DSF-Slogan "Mittendrin statt nur dabei"
war ich eben nur dabei anstatt mittendrin. Trotzdem war es für mich ein
Riesen-Erlebnis, in so einer tollen Mannschaft zu spielen. Ich kann mich noch
erinnern – beim letzten Spiel der Saison 1986/87 haben wir zuhause gegen
Sportclub gespielt (2:1, Anm.), und die Austria hätte in Graz bei Sturm
gewinnen müssen, dann wären sie Meister geworden. Nach dem Ausgleich (von
Teskeredzic = Rapid-Meistermacher!, Anm.) in Graz ist es 2:2 gestanden, und
der Funki Feurer ist neben mir mit einem Radio gesessen, weil der Michi Konsel
gespielt hat. (beginnt zu lachen) Auf einmal heißt es "Tor, Tor, Tor,
Polster oder Nylasi schießt das 3:2 für die Austria in Graz!!!" Das war ca. in
der 85. Minute, und der Funki Feurer schleudert gerade das Radio in irgendein
Eck, als es dann geheißen hat "Nein, doch nicht, der Treffer wird nicht
ergeben". So gesehen habe ich die Meisterschaft nicht am Feld miterlebt, dafür
neben dem Funki Feurer und seinem Radio. Das war ein Wahnsinns-Erlebnis!
Dafür waren Sie bei legendären UEFA Cup-Partien mittendrin. Wie haben
Sie das Duell mit Inter miterlebt?
Nach dem 0:1 durch Lothar
Matthäus konnten wir zuhause befreit aufspielen und haben die Partie super
gedreht und 2:1 gewonnen. Der Lothar ist mit einem Kreuzbandriss vom Platz
getragen worden (lacht) – nach einem Foul von Peter Schöttel, was sich
"vielleicht" Jahre später wieder ausgeglichen hat, als der Lothar den Peter als
Rapid-Kapitän abmontiert hat. (tut unschuldig) Das weiß ich natürlich
nicht, aber wie gesagt – man sieht sich im Leben immer zweimal!
Auf jeden
Fall war dann das Retour-Spiel in Verona, wo wir auch wegen zweier Ausschlüsse
in der Verlängerung ausgeschieden sind. Als der Franz Weber in der letzten
Sekunde das Tor zur Verlängerung schießt, ist der Schiedsrichter im Gesicht ganz
weiß geworden. (ernster) 100%ig hätten wir das Spiel nie gewinnen
können, weil der Schiri von den Italienern angestochen war. Ich sage das jetzt
einfach. Ich weiß es nicht, aber es war so. In der Verlängerung hat er dann
gleich den Pfeifenberger auch noch ausgeschlossen und dann waren wir neun
Spieler gegen elf. Jeder Einzelne hat super gespielt und ich habe nach vorne
einige Super-Akzente setzen können und habe den Guiseppe Bergomi ein paar Mal
schwindlig gespielt. Nach dem Schlusspfiff sind wir alle unter Tränen in die
Kabine gegangen. Es war ein langer Gang und die erste Kabine war von Inter
Mailand. Ich war stinksauer und enttäuscht, weil wir ausgeschieden sind. Auf
einmal zieht mich jemand in die Inter-Kabine und sagt: "Mister Herzog, we want
to see you soon in the italian league." Inter Mailand wollte mich noch in der
Kabine verpflichten! Rapid-Vize-Präsident Dr. Fani, der gleichzeitig auch mein
Manager war, hat das gesehen und mich gleich in die Dusche geschickt und weiter
verhandelt. Ich gehe also in unsere Kabine, die mit deprimierten Kollegen
vollgestopft war, und hatte selbst gemischte Gefühle: Einerseits hatte ich wegen
dem Ausscheiden noch Tränen in den Augen, andererseits hatte ich ein Angebot von
Inter Mailand in der Tasche – ein Traum ging quasi in Erfüllung! Inter hatte
aber mit Mathäus, Brehme und Klinsmann schon drei Weltmeister und es waren
damals nur drei Ausländer erlaubt. Inter hätte mich an Bologna weiterverliehen.
Da hat der Fani gesagt, dass das nicht in Frage kommt.
Apropos Italien: Welche Erinnerungen haben Sie an die
Weltmeisterschaft 1990?
Eine sehr schöne, weil es einfach ein
Riesen-Erlebnis war. Josef Hickersberger hat ein junges und erfolgreiches Team
aufbauen können. In der Vorbereitung haben wir ja gegen Spanien und Holland
gewonnen, gegen Argentinien mit Maradona Unentschieden gespielt. Wir sind dann
bei der WM aber trotzdem in der ersten Runde ausgeschieden, weil uns einfach
noch die nötige Erfahrung gefehlt hat.
Im Mai 1992 beobachtete Sie Otto Rahagel bei einer 1:2-Niederlage im
Wiener Derby. War das Ihr erster Kontakt mit dem Trainer-Guru?
Nein,
das war mit 19 Jahren, als ich unter Josef Hickersberger im A-Team war. Ich war
gerade nach den ersten Erfolgen bei der Vienna und dann bei Rapid in meiner
ersten Krise, in der ich die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Da hat der
"Hicke" den Otto Rehagel angerufen und um Hilfe gebeten. Er sollte das größte
Talent Österreichs, das gerade eine Krise hat, anrufen und aufmuntern. Um halb
zehn Uhr läutet bei meinen Eltern, wo ich noch gewohnt habe, dann das Telefon.
Als sich da wer unter Otto Rehagel gemeldet hat, habe ich zuerst gedacht, dass
ich verarscht werde. Meine Hand hat richtig gezittert! Rehagel hat vorgegeben,
mich schon seit längerer Zeit zu beobachten und von mir angetan zu sein – so hat
er mich gepuscht. Ich habe mich damals gewundert, dass er mich gerade in meiner
schlechtesten Zeit anruft. Erst Jahre später habe ich erfahren, dass mich Otto
Rehagel aufgrund dieses Gefallens wirklich begonnen hat, zu beobachten. Und zwei
Jahre später habe ich bei Werder Bremen unterschrieben. Verrückt, oder?
Absolut, und glücklich für beide Seiten. In Bremen waren Sie dann ja
extrem erfolgreich, holten 1992/93 gleich die Meisterschaft und in Ihrer zweiten
Saison den Cup. Und Sie wurden zu einem der torgefährlichsten Spielmacher der
Liga-Geschichte. Wie war das Gefühl, als "Ösi" die Deutsche Bundesliga
aufzumischen?
Bis mich Misimovic heuer überholt hat, habe ich mit 20
Vorlagen die meisten Assists der Bundesliga-Geschichte erreicht. Im ersten Jahr
waren es – glaube ich – zehn Tore und 16 Assists, und das ist dann so weiter
gegangen. Genau das habe ich zur damaligen Zeit gebraucht – gegen St. Pölten
oder Vorwärts Steyr haben mir manchesmal die letzten Prozente gefehlt. In
Deutschland nicht, da war fast alles wie ein Ländermatch! Obwohl Wattenscheid
zum Beispiel auch eine Hunds-Truppe war, bin ich von der ersten bis zur letzten
Minute volle Power gegangen. Das war der Schritt, den ich benötigt habe und der
mir dann auch aufgegangen ist. Ich bin dann bei der Wahl zu "Deutschlands
Fußballer des Jahres" Zweiter geworden. Normalerweise hätte ich gewinnen müssen,
aber einen "Ösi" konnten sie einfach nicht gewinnen lassen. Dass ich zur großen
Verleihungs-Feier von kicker und ZDF gehe, hat mir dann der
Otto Rehagel verboten. "Junge, dort gehen Sie nicht hin, das verbiete ich Ihnen!
Weil das ist eine Riesen-Sauerei, sie hätten nämlich gewinnen müssen!" hat er
gesagt. Ich bin dann tatsächlich nicht hingegangen, und ab diesem Zeitpunkt
haben mich die Medien vernichtet. (lacht) Die waren so sauer auf mich,
dabei hat es mir der Rehagel verboten. Für mich wäre es ja eine
Riesen-Auszeichnung gewesen. Wenn mir das ein oder zwei Jahre vorher jemand
gesagt hätte, hätte ich geantwortet: "Du spinnst ja!"
Von der Presse wurden Sie "Herzilein", "Alpen-Maradona" und
"Fußball-Mozart" getauft. Welche dieser Bezeichnungen gefällt Ihnen am
besten?
"Fußball-Mozart" hat mir am besten gefallen. Otto Rehagel
hat immer gesagt: "Ich höre immer, dass Sie der Fußball-Mozart sind. Mir wäre
lieber, Sie wären auch Mal Wagner! Ein bisschen härter."
Mitte der Neunziger mischte Ihr Ex-Trainer Ernst Dokupil mit Rapid
Österreich und Europa auf. Wie haben sie das mitverfolgt?
Dokupil
ist gekommen und hat sich eine neue, junge Mannschaft geformt. Das war eine
richtig gute Mannschaft! Man sieht – das ist nur bei Rapid möglich. Das Ganze
bekommt auf einmal eine Eigen-Dynamik, die Fans werden mobilisiert und dann kann
alles hin zum Positiven explodieren.
1995/96 gingen Sie mit ihrem Trainer Rehagel zu den Bayern. Zwar
gewannen Sie den UEFA Cup, aber die meisten erinnern sich an den Ausraster
Oliver Kahns, der Sie wie ein Wahnsinniger attackierte. Wie war das für Sie –
die Bayern-Saison im allgemeinen und Kahn im speziellen?
Es war
einerseits eine sehr schöne Saison, weil man bei so einem Verein nicht so
schnell spielt. Andererseits war ich in dem Jahr dort, in dem am meisten
überhaupt gestritten wurde. Wir haben nicht zu Unrecht "FC Hollywood" geheißen.
Wir haben den Jean-Pierre Papin gehabt, Jürgen Klinsmann, Lothar Matthäus,
Thomas Helmer, Sforza, Scholl und Herzog. Wir waren lauter Häuptlinge und keine
Indianer – und so kann man einfach nicht erfolgreich sein! Nur im UEFA Cup haben
wir uns zusammengerissen und als erste Mannschaft überhaupt jedes Auswärtsspiel
gewonnen. Wir haben im Semifinale zuhause gegen Barcelona 2:2 gespielt und
auswärts 3:2 gewonnen. Wäre mehr Zusammenhalt da gewesen, dann hätten wir die
Deutsche Bundesliga sicher dominiert.
Ich persönlich hatte mit Scholl das
Liebkind der Fans und Medien zum Hauptkonkurrenten. Meine Leistung habe ich auch
nicht so wie in Bremen gebracht, warum auch immer. Und so ist es dann
losgegangen. Der Ausraster von Kahn war dann der Höhepunkt, obwohl ich mit Oli
eigentlich ein ganz gutes Verhältnis hatte. Er hat mich einmal durchgeschüttelt,
und ab diesem Zeitpunkt habe ich gewusst, dass es in München nicht mehr
weitergeht. Ich wollte wieder eine dominante Persönlichkeit sein, und nicht mit
allen Alpha-Männchen herumraufen. Dafür bin ich nicht der Typ.
1998 fuhr Österreich vor allem Dank Ihnen zur WM nach Frankreich. Sie
waren aber gesundheitlich nicht im Vollbesitz Ihrer Kräfte, waren "die Zehe der
Nation". Wie war das?
Für mich war es die größte sportliche
Enttäuschung, die ich je erlebt habe. Wir hatten eine Super-Mannschaft und ich
war in einer bestechenden Form. Nach der Quali habe ich mich operieren lassen.
Ich habe gewusst, dass ich von Oktober weg fast ein dreiviertel Jahr Zeit habe,
um wieder in Form zu kommen. Ich war überzeugt, wieder rechtzeitig in Schuss zu
kommen. Da sind mir dann aber ein paar Rückschläge in die Quere gekommen. Nach
meinem Comeback habe ich mit Werder in Hamburg gespielt. Mein Schuh war –
verbotener Weise – mit einer Karbon-Schicht so ausgeformt, dass es abgepuffert
worden wäre, wenn mir einer von oben auf den Fuß steigt. Der Denkfehler war,
dass nicht bedacht wurde, dass ich nach vorne fallen könnte und mir jemand von
hinten auf den Fuß steigt. Genau das ist aber bei einem Foul von Hasan
Salihamidzic passiert. Ich habe gedacht, dass mir die 4cm lange Schraube durch
den ganzen Fuß durchgefahren ist. Die Schmerzen waren ein Wahnsinn! Das Röntgen
war zwar ganz okay, aber die Schmerzen sind nicht weggegangen. Ich habe dann mit
Schmerz-Mittel gespielt, aber nur bei Spielen. Im Training konnte ich wegen
diesem Handicap nicht Gas geben. So war ich dann bei der WM nicht in der besten
körperlichen Verfassung. Und im letzten Saison-Spiel bei Stuttgart habe ich mir
zu allem Überflüss noch eine Prellung und Absplitterung auf dem anderen Fuß
geholt. Ich bin mit so großen Hoffnungen nach Frankreich gekommen, wollte weit
kommen und zeigen, was ich kann. Ab dem zweiten Spiel war ich dann nur Ersatz.
Auch wenn ich dem „Schneckerl" Prohaska keinen Vorwurf daraus mache, war das für
mich die bitterste Enttäuschung. Da ist eine Welt für mich
zusammengebrochen.
Anmerkung: Nach seiner Operation an der linken Zehe
feierte Andreas Herzog, wie geplant, am 13. 02. 1998 sein Comeback. Er wurde
gegen den MSV Duisburg in der 59. Minute eingetauscht und legte in der 82.
Minute gleich den Ausgleichs-Treffer mit einem Corner auf. In den ersten sechs
Spielen nach seinem Comeback erzielte Herzog einen Treffer aus einem direkt
verwandelten Freistoß und lieferte vier Assists. Im kicker erhielt er die – für
einen Feld-Spieler – sensationelle Durchschnitts-Wertung von 2,9!
Nach seiner
Verletzung feierte er Anfang Mai sein nächstes Comeback und erhielt die Note
2,5. Im darauf folgenden Spiel wurde Herzog in der Pause nach einem frühen Foul
verletzt ausgetauscht. Ein Riesen-Pech, denn mit einem einigermaßen fitten
Bremen-Legionär, der Österreich mit seinen beiden Gold-Toren gegen Schweden fast
alleine zur WM geschossen hatte, wäre in Frankreich sicher einiges möglich
gewesen...
1999 holten sie zum zweiten Mal den Cup mit Werder. Dabei
veranstalteten die Bayern eine wahre Hetzjagd auf Sie, sodass Sie bei Ihrer
Hochzeit noch immer gehandicapt waren. Erzählen Sie bitte!
Eine
Woche nach dem Finale war meine Hochzeit und ich habe auf Krücken geheiratet.
Vorher war ich, während meine Kollegen in Bremen gefeiert wurden, im
Krankenhaus, wo sie mich seitlich von der Pobacke bis zum Knie aufschneiden
wollten, weil ich wegen einem geplatzten Blutgefäß einen irrsinnig starken
Bluterguss hatte. Das Hämatom hatte die Maße 15x8x7 Zentimeter – das war so, als
ob ein Leberkäse in meinem Oberschenkel gewesen wäre. Das hat die Muskel und
Nerven fast abgedrückt. Ich war immer an der Kippe zu einer OP und habe meinem
damaligen Werder-Arzt sehr viel zu verdanken, weil der diagnostiziert hat, dass
ich – solange ich meine Zehen spüre – nicht operiert werden brauche. Drei bis
vier Wochen habe ich nicht gescheit gehen können, weil mein Oberschenkel fast
doppelt so dick war. Kurz nach dem Abheilen, ein paar Tage vor dem
Meisterschafts-Start, habe ich mir bei einer ganz normalen Hösche die Bänder
gerissen. Da hilft kein Jammern. Man muss sich halt wieder herankämpfen und
Leistung bringen.
Am Ende Ihrer erfolgreichen Zeit bei Werder gab es dann nicht nur
körperliche Probleme, laut Presse einen Zwist mit Manager Klaus Allofs. Was
passierte damals wirklich?
Sie wollten in Bremen eine neue
Mannschaft aufbauen. Das ist ja legitim. Aber sie haben die alte Generation –
Eilts, Bode und mich – im Unklaren gelassen, anstatt klipp und klar die Pläne zu
präsentieren. Wahrscheinlich hat man aufgrund meiner Verdienste Angst gehabt,
mit mir Tacheles zu sprechen. Mehr Ehrlichkeit wäre gut gewesen. Im Endeffekt
haben sie aber alles richtig gemacht, weil sie 2004 gleich wieder Meister
geworden sind. Und mit Klaus Allofs passt es auch schon seit langer Zeit wieder.
Als Sie Anfang 2002 zu Rapid zurückkehrten, war die Mannschaft in
einer ziemlich schlechten Verfassung, erreichte mit dem achten Platz die
schlechteste Saison-Platzierung aller Zeiten. Woran hat es damals
gehapert?
Rapid war damals Neunter und am Boden. Da ist dann
gemunkelt worden, dass man mit mir, dem Michael Baur und Didi Kühbauer richtig
durchstarten will. Unter diesen Voraussetzungen, dachte ich, könnten wir uns im
Frühjahr einspielen und in der Saison darauf gleich um den Meister-Titel
spielen. Das hat aber aus finanziellen Gründen nicht gepasst. Ich habe dann
gehofft, dass ich die Mannschaft auch ohne Baur und Kühbauer mitreißen kann,
aber ich habe das als Einzelner nicht geschafft und mich dann eher dem Niveau
angepasst. Die Erwartungen an mich sind gleichzeitig explodiert, und die habe
ich leider nicht erfüllen können.
Gegen Ende Ihrer Rapid-Karriere wurden Sie in einer Zeitung mit dem
Spruch zitiert, Sie könnten sich einen Wechsel zur Austria vorstellen. Darauf
konterte die West-Tribüne mit dem Spruchband "Herzog – schleich dich nach
Favoriten". War das alles nur ein Missverständnis?
Und was für
eines! Ich hatte damals eine Klausel, dass sich mein Vertrag nach 25 Einsätzen
automatisch verlängert. Nach 24 Spielen hat es dann auf einmal geheißen, dass
ich nicht mehr spielen darf, weil ich für Rapid unleistbar bin. Trainer
Hickersberger ist zu mir gekommen und meinte, dass er wegen meiner Klausel
Bauchweh hätte. Er hat dann vorgeschlagen, dass ich noch ein Jahr spiele und
anschließend in seinen Betreuer-Stab oder ins Management wechsle. Genau das
wollte ich auch! Vor dem Training habe ich dann die Klausel aus meinem Vertrag
heraus streichen lassen. Wegen dem neuen Vertrag hat man mich warten lassen, bis
ich in Zeitungen gelesen habe, dass man nicht mehr mit mir plant. Ich war
fassungslos! In dieser Zeit habe ich der U-Bahn-Zeitung ein Interview gegeben
und gesagt, dass ich bei der Austria das vier- bis fünffache verdienen hätte
können. Wäre es mir also ums Geld gegangen, hätte ich zur Austria wechseln
müssen. Das kam für mich als Rapidler aber nicht in Frage. Meine Aussagen wurden
komplett verdreht. Beim Training haben die Hardcore-Fans dann auf mich gewartet,
um mir ihre Meinung zu geigen. Josef Hickersberger hat mich gewarnt und gebeten,
nicht zu erscheinen. Bis heute ist das nie richtig gestellt worden! Aber man
hätte mir glauben müssen, dass ich das nie gesagt hätte. Das Spruchband habe ich
gar nie gelesen, da ich von "Hicke" nicht in den Kader genommen wurde, weil
sonst das Stadion explodiert wäre. Ich bin dann erst ins Stadion und das
Kommentatoren-Kammerl gekommen, als das Transparent wieder weg war. Erst am
nächsten Tag habe ich in den Zeitungen davon gelesen. Ich war und bin da auch
ein sturer Hund und habe mir gedacht, dass diejenigen, die mir nicht glauben,
mich am Allerwertesten lecken können. Ich bin für einen Bruchteil dessen, was
ich bei Werder oder der Austria verdienen hätte können, zur Rapid zurück
gegangen. Und mir dann im Nachhinein so auf den Schädel zu sch...eibenkleistern
– da habe ich mir gedacht, dass ich das nicht notwendig habe und mich alle Mal
können. Und damit war die Geschichte dann für mich erledigt. Mittlerweile habe
ich aber wieder ein gutes Verhältnis zu Rapid, was mir das Allerwichtigste ist.
Meinen Weg habe ich aber jetzt beim ÖFB gemacht, weil ich bei Rapid einfach nie
jemandem hinten hineinkrallen wollte, um eine Arbeit zu bekommen.
Können Sie sich noch vorstellen, je als Trainer nach Hütteldorf
zurückzukehren?
Sicher, keine Frage. Wie gesagt – ich bin manchesmal
ein sturer Hund und sehr emotional. Aber nach einer gewissen Zeit möchte ich
mich mit den Menschen dann auch wieder verstehen. Damals ist man – von welcher
Seite im Verein das auch immer gekommen ist – nicht okay mit mir umgegangen.
Aber das ist jetzt vergessen. Im Profi-Fußball muss man einfach austeilen und
noch mehr einstecken können, sonst bleibt man über.
Themenwechsel. Wussten Sie eigentlich, dass Sie in der Liste jener
Spieler mit mehr als 100 Team-Matches gemeinsam mit Michael Laudrup, Didier
Deschamps und Stephane Chapiusat an 127. Stelle
liegen?
(lacht) Nein, wusste ich nicht. Aber mein
Stellenwert in Österreich ist – glaube ich – höher einzuschätzen als ein 127.
Platz. Dass ich der erste Österreicher war, der die 100er-Marke geknackt hat,
macht mich schon stolz. Ich habe die Träume meiner Jugend realisiert und das ist
einfach schön!
Sehen Sie einen Spieler, der Sie in näherer Zukunft als Rekord-Halter
ablösen könnte?
Es gibt viele gute Junge. Aber es wird nicht leicht,
weil man muss 15 Jahre das Niveau für die Nationalmannschaft halten, von allzu
großen Verletzungen verschont bleiben. Sicher kann man meinen Rekord in Zukunft
knacken. Andi Ivanschitz zum Beispiel. Keine Ahnung, wie es bei ihm jetzt
weitergeht. Aber leicht wird es nicht. Sogar der Toni Polster ist gescheitert,
und der ist auch lange mit dabei gewesen.
Bei der EM 08 waren Sie Team-Assistent. Ehrlich – hätten Sie einen
anderen Kader als Josef Hickersberger einberufen?
Wir haben lange
diskutiert und sind letztendliche alle hinter der Entscheidung gestanden. Was
dann alles passiert, weiß man ja vorher nicht.
Zu Ihrem Engagement als U21-Teamtrainer. Was sind Ihre
Ziele?
Schön wäre es natürlich, wenn wir uns erstmals für die
Endrunde qualifizieren könnten. Das ist aber ein harter und weiter Weg, weil man
zuerst die Gruppe gewinnen muss und dann noch ein Play Off-Spiel gegen einen
anderen Gruppen-Ersten zu überstehen ist. Vorrangig ist für mich aber, dass ich
den richtig guten Talenten etwas mitgeben kann, damit sie im A-Team oder
international ihren Weg machen können.
Gibt es auch Rapidler, die auf Ihrer Liste ganz oben
stehen?
Kavlak, Pehlivan – die sind aber alle schon oben!
(Drazan bitte nicht vergessen!, Anm.)
Wie beurteilen Sie die Jugend-Arbeit beim SK Rapid
Wien?
Sehr gut. Ich glaube, dass der Ali Hörtnagl einen Super-Job
macht und eine gute Philosophie hat. Ohne das große Geld muss man zwar
zwangsläufig auf die Jugend setzen, aber Red Bull Salzburg wäre sicher
überglücklich, einmal einen Spieler wie Pehlivan herauszu bringen. Für die Fans
ist es natürlich toll, wenn die Jungen aus dem Nachwuchs, die sich noch richig
mit dem Verein identifizieren, nachrücken. Momentan läuft bei Rapid alles sehr
rund, wobei man auch sagen muss, dass der Sturm irrsinnig gut funktioniert und
mit Hofmann und Boskovic zwei außergewöhnliche Spieler für die Liga da sind.
Und ihre Zukunft?
Ich arbeite jetzt mit meinem
Betreuerstab, dem Otto Konrad, Heimo Pfeifenberger und Roger Spry so intensiv
wie möglich, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Was die Zukunft bringt, weiß
ich nicht. Da lasse ich mich überraschen.
Interview vom
12.06.2009
10 Fragen
zum besseren Kennenlernen:
Lieblings-Elf aller
Zeiten?
Feurer; Bratseth, Maldini, H. Strasser; Christiano Ronaldo,
Zidane, Messi, „Burli" Herzog; Polster, Rufer, Butragueno
Das beeindruckendste Stadion, in dem Sie je gespielt
haben?
Das Westfalen-Stadion in Dortmund.
Ihre größte Niederlage am Fußball-Platz?
Färöer!
Rapid ist...
...DER Fußball-Verein in Österreich, wo
nichts drüber geht!
Kottan oder Columbo?
Kottan! Columbo schau' ich aber
auch...
Ihr liebster Platz außerhalb von Österreich?
Früher
Jesolo, jetzt die Malediven und Los Angeles.
Wovor haben Sie Angst?
Krankheiten!
Eine Marotte?
Vor dem Schlafengehen viel Naschen.
Welches Talent hätten Sie gerne, haben es aber
nicht?
Richtig gut zu singen. (schmunzelt) Das kann der
Toni Polster viel besser...
Der schönste sportliche Moment Ihres Lebens?
Der
Ausgleich in Israel. Es war die letzte Aktion und ich habe mir gedacht: „Bitte,
noch einmal in meiner Karriere!" Und dann war der Ball plötzlich drinnen – das
war herrlich!
Quelle: www.forza-rapid.at